Urgetreide…! Urgetreide…? Ja Urgetreide…! So in etwa verläuft ein Gespräch wenn es um unsere alten Getreidesorten geht. Gründe dafür gibt es zu Hauf. Selbst einige gestandene Profis machen nach wie vor einen großen Bogen um Emmer, Einkorn und Co. Alternative Getreidesorten haben grundsätzlich mit Problemen zu kämpfen. Sie sind etwas teurer, schwerer zu verarbeiten und nicht immer greifbar. All dies sind Gründe für den Profi- und Hobbybäcker erst mal Nein zu sagen. All die Positiven Aspekte alter Getreidesorten, die ernährungsphysiologischen Vorteile und der besondere Geschmack geraten erst einmal ins Hintertreffen.

Im ersten Gang sollte man festhalten, dass es eigentlich kein Urgetreide mehr gibt. Es handelt sich lediglich um alte Getreidesorten. Um dem Marketing dieses Korns etwas urigen Glanz zu verleihen hat man sich kurzer Hand entschlossen „Urgetreide“ als Markennamen zu verwenden. Die klassischen und bekanntesten Urkörner sind ganz klar Emmer, Einkorn und Oberkulmer Rotkorn. Alle diese Sorten stammen vom Weizen bzw. sind Gattungen des Weizens. Auch mein geliebter Roggen hat bereits einige Jahre auf dem Buckel und kann dementsprechend eine breite Sortenvielfalt aufweisen. Waldstauden-Roggen, Lichtkorn und Champagner-Roggen. Diese doch schon ziemlich betagten Sorten stellen die alte Prominenz auf Seiten unseres beliebtesten Brotgetreides. Einen Mangel an Auswahl gibt es scheinbar nicht. Auch preislich ist vom normalen Doppelzentner-Preis bis zum Luxusmehl alles gegeben. Wo liegt also das Problem? Die Kommunikation! Das ist der größte Reibungspunkt. Aus welchem Grund sollte der Verbraucher auch ein Brot kaufen welches obendrein noch mindestens ein Drittel teurer ist? Mit einer professionellen und transparenten Strategie seine Urgetreide-Produkte und das Mehl sauber zu positionieren begeistert man nicht nur den Kunden. Das gesamte Handwerk würde davon profitieren! Das neue Urgetreide ist der Dinkel von gestern. Diese Mehle haben derartiges Potential das es umso ernüchternder wäre der Industrie das Feld zu überlassen. Regionalität, Gesundheit, Wertschöpfung und Genuss. Gebt diesem tollen Korn die Bühne die es verdient!

Nun meine Freunde geht es aber endlich ans Rezept. Auf Wunsch einiger meiner Brotfreunde bin ich fast etwas im Zugzwang. Es ehrt und freut mich aber riesig das gerade meine Urkorn-Entwicklung so positiv angenommen wird. Diese Rezeptur ist eine meiner ältesten Entwicklungen aber auch eine der besten. Geschmack, Frischhaltung, gesundheitliche Gesichtspunkte…all die so wertvollen Argumente die für Vollkorn und altes Getreide sprechen werden hier voll ausgespielt. Alles ist in einem harmonischen und liebevoll austarierten Gleichgewicht. Kleiner Tipp von mir. Emmer-Vollkorn und Leinsaat sind wie Bruder und Schwester. Die Kombination ist einfach ein Bollwerk an Geschmack!





Die Kunst bei der Verarbeitung von Urgetreiden liegt nicht in irgend welchen tollen Zutaten. Geduld und Zeit sind der Schlüssel zum Erfolg! Lasse deinen Teig wenig bis gar nicht im zu intensiven Knetgang laufen. Mische deinen Urgetreide-Teig behutsam und falte ihn immer wieder. Das brauchen diese sensiblen Teige unbedingt!!! Vertraue mir, deinem Teig und dem Getreide zu 100%. Die Teige mit diesen Mehlen besitzen eine so zerbrechliche Kleberstruktur. Da wäre jede Sekunde mechanische Kraft, eine zu viel. Weniger ist mehr! Du wirst sehen, mit jedem Falten stabilisiert sich dein Teig und wird immer wolliger und angenehmer. Das beste was du deinem Urkornteig antun kannst, ist eine ausgedehnte Langzeitführung. Diese Mehle lieben kalte und lange Stückgaren und das Ergebnis wird dich umhauen! Dieses Brot ist ein gebackener Traum.
Somit geht’s ab zum Rezept.

Emmer Vollkorn-Sauer: Stehzeit 12-16 Std. / TT 30°C
0,150 Kg Emmer-Vollkornmehl
0,150 Kg Wasser
0,015 Kg Anstellgut
Emmer Brühstück: Stehzeit über Nacht im Raum
0,100 Kg Emmer-Vollkornmehl
0,250 Kg kochendes Wasser
Quellstück: Stehzeit über Nacht im Raum
0,100 Kg Leinsaat
0,100 Kg Wasser
Tante Emmer Hauptteig: TT 28-29°C / Laufzeit 10 min langsamer Gang und 1 min schneller Gang / Stockgare 30 min / Stückgare 10-12 Std. im Kühlschrank oder 2 Std. im Raum / Backtemperatur 250° fallend auf 210°C / Backzeit ca. 50-60 min bei einer Einwaage von ca. 600 g (Kasten oder Holzkörbchen)
0,300 Kg Emmer-Vollkornsauer
0,350 Kg Emmer Brühstück
0,200 Kg Quellstück
0,100 Kg Emmer-Vollkornmehl
0,150 Kg Dinkel 630
0,012 Kg Salz
0,003 Kg Hefe
0,075 Kg Wasser
0,010 Kg Rapsöl ( erst im schnellen Gang einlaufen lassen!!! )
Gesamtteig 1,200 Kg

Ich empfehle dir zur Tante Emmer einen milden Ziegenkäse, darunter etwas frischen Thymian und ein schönes Glas Weißwein. Genieße es!
Backe gutes und sprich darüber! Tom the Baker